Schülermediation

Schülermediation – ein erfolgreiches Projekt seit 2000

Obwohl noch keine Grundschule vor uns Peermediatoren ausgebildet hat und auch die Fachliteratur besagte, dass Kinder erst ab der Sekundarstufe dazu in der Lage seien beschlossen wir, Dieter Kirsch (Sozialpädagoge) und Marina Götzinger (Klassenlehrerin), Kinder der 4.Klasse zu Mediatoren auszubilden.

Schon nach der ersten Ausbildungseinheit wurde deutlich, wie viel Potenzial –Selbstbewusstsein und soziale Sensibilität –von den Kindern umgesetzt werden konnte und welche fachliche Kompetenz – Einhaltung von Gesprächsregeln, aktives Zuhören, sprachliche Ausdrucksfähigkeit,– bereits durch die gezielte Arbeit in den ersten drei Grundschuljahren erworben war.

Dinge, wie den Gesprächsstein weiter zu geben oder Gefühle zu äußern, waren so selbstverständlich, dass wir uns schnell an das wirklich Neue und Schwierige heranwagen konnten. Dabei kristallisierten sich für die Kinder zwei Schwerpunkte heraus: Zum Einen das reflektierte Wiederspiegeln der Aussagen der Streitenden und zum Anderen die zu wahrende Neutralität.

Es war unvorstellbar, mit welcher Intensität und Geschwindigkeit unsere zukünftigenSchülermediatorInnen diese Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mediation verinnerlichen und auch umsetzen konnten. Schon nach wenigen Ausbildungsstunden waren die immer wieder zum Üben und Vertiefen des Erlernten durchgeführten Rollenspiele von den Mediationen im klassischen Sinne nicht mehr zu unterscheiden. Viel früher als geplant, schon nach zehn Ausbildungseinheiten von je zwei Stunden, konnten die Kinder mit „echten“ Mediationen beginnen. Schon nach kurzer Zeit mediierten fast alle selbstständig und souverän. Zusätzliche Sicherheit, gab ihnen das Plakat mit dem Stufenmodell,

so dass sie jederzeit wussten, in welcher Phase des Gespräches sie sich befanden, die Hilfsmittel, die nach grundschulpädagogischen Gesichtspunkten ausgewählt und eingesetzt werden ( Erzählstein, Münze, Gefühlewürfel )und auch die Anwesenheit eines Erwachsenen, der notfalls eingreifen kann, wenn die SchülermediatorInnen überfordert sein sollten.

In jedem Schuljahr werden bei uns Drittklässer im zweiten Halbjahr ausgebildet. Danach übernehmen sie den „Dienst“ im vierten Schuljahr. Zweimal täglich können Kinder mit Konflikten zu festen Mediationszeiten zu uns kommen.

Zum Mediationsteam gehören mittlerweile neben Dieter Kirsch und Marina Götzinger auch noch Ignazio Coniglio und Hanna Volz.

Auch die LehrerInnen und ErzieherInnen praktizieren in ihrer täglichen Arbeit das Prinzip der konstruktiven Konfliktlösung.

Das Mediationsprojekt ist nur ein Baustein des Schulprogramms, das dazu geführt hat, dass sich das Miteinander Aller an unserer Schule grundsätzlich verbessert hat.

Erwachsene nehmen sich Zeit, um den Kindern zuzuhören. Die gesamte Atmosphäre an der Schule ist freundlicher und der Umgangston herzlicher geworden.

 

Schülerbeitrag

Die Schule Vogelsang hat die Mediation eingeführt, damit Kinder Streit friedlich zu lösen. Wir, 9 Schüler und Schülerinnen aus den 3. Schuljahren, wurden für die Mediation im Haus Sonnental ausgebildet. Im nächsten Schuljahr dürfen wir als Mediatoren arbeiten. Die Lehrer sind froh, dass die Kinder auch selber in der Mediation Streit lösen. Die Schule hat einen eigenen schönen  Mediationsraum. Die Mediation hat 5 Stufen damit der Streit gelöst ist. Wir bekommen in der Woche ein bis zweimal einen Fall. Nur sehr selten können wir einen Streit nicht lösen. Zur Aufsicht der Mediation ist immer ein Erwachsener dabei. Die Mediatoren haben viel  Spaß, wenn sie beim Streit lösen helfen können. Es gibt immer nach 2 Wochen ein Nachtreffen.

Am Ende der Ausbildung im Haus Sonnental sind die Eltern (Geschwister oder Bekannte) zum Kaffee gekommen und wir haben ihnen gezeigt, was wir gelernt haben.

Die Lehrer kriegen aber trotzdem auch noch Streitfälle, die sie lösen müssen. Es gehen aber mehr Kinder in die Mediation, weil man in der Mediation keinen Ärger kriegt .

Serdar, Stella, Lilly ♥, Klasse 3.2, 2013

 

Auszeichnungen

Logo-Grundschulverband

Projekt Innovative Grundschule“ :

„Mit Kindern gemeinsam Schule entwickeln – Demokratie lernen“

2002 bekam unsere Schule für dieses Projekt in Berlin den Förderpreis des Arbeitskreises Grundschule verliehen: „Demokratie lernen von Anfang an“

Auszeichnung-Arbeitskreis-Grundschule

2005 wurden wir vom „Förderprogramm demokratisch Handeln“ zur „Lernwerkstatt Demokratie“ nach Jena eingeladen. Dort durften unsere Schülermediatoren ihr Projekt vorstellen.

Logo-Demokratisch_Handeln

Auszeichnung-Demokratisch_Handeln

 

Auswirkungen auf die saarländische Schullandschaft

Das Modellprojekt „Schülermediation“ ist an der Ganztagsgrundschule in Saarlouis längst zum festen Bestandteil des Schulalltags geworden.

Um die positiven Erfahrungen der Schülermediation an interessierte KollegInnen weiter geben zu können, initiierte die saarländische Landesgruppe des Grundschulverbandes in Kooperation mit dem Institut für Lehrerfort- und – weiterbildung und „wir im Verein mit dir“ die Fortbildungsveranstaltung „Konflikt als Chance – konstruktiver Umgang mit Konflikten in der Grundschule“ mit Frau Jamie Walker als Hauptreferentin.

Das Kultusministerium gab noch am Tag der Veranstaltung, im Oktober 2003, offiziell seine Unterstützung eines landesweiten Projektes „Mediation in der Grundschule“ bekannt. Finanziert wird das Projekt von „wir im Verein mit dir“ und dem ILF.

Seither wurden über 50 saarländische Grundschulen nach unserem Vorbild und mit unserer Unterstützung zu Mediationsschulen ausgebildet.

 

Veröffentlichung des Projekts

 Das Ausbildungprogramm ist beim Verlag an der Ruhr unter dem Titel „Grundschulkinder werden Streitschlichter“ erschienen.

www.verlagruhr.de

Streitschlichter

 

Protokoll einer Schülermediation

Nach der großen Pause kommen drei aufgeregte Schülerinnen zum Mediationsraum. Sie hatten in der Pause Streit und wollen diesen Streit so schnell wie möglich klären. Um die Gemüter etwas abzukühlen, begrüßt die Schülermediatorin die Streitenden herzlich und bittet sie, sich zu setzen.

In dem folgenden Protokoll dieser Mediation wird die Mediatorin mit M und die drei Streitenden mit A, B und C  bezeichnet.

M: Wollt ihr euren Streit wirklich klären

A, B,C: Ja

M: Dann müsst ihr euch an ein paar Regeln halten. Ihr müsst euch ausreden lassen und dürft euch nicht unterbrechen. Dafür haben wir einen Erzählstein. Nur wer diesen Stein in der Hand hält darf reden. Wenn ihr ausgeredet habt, gebt ihr den Stein bitte an mich zurück. Ich wiederhole, was ihr gesagt habt und gebe den Stein dann weiter. Ihr müsst zueinander ehrlich sein, dürft euch nicht beleidigen und keine Vorwürfe machen. Am Ende sollt ihr eine Lösung finden, mit der ihr alle einverstanden seid.

Wer will nun beginnen zu erzählen, was passiert ist? Ihr könnt euch nicht einigen, dann lassen wir die Münze entscheiden. Kopf oder Zahl?

A gewinnt beim Losen und darf anfangen.

A: Lea und ich waren auf dem Schulhof, da  kam Susi und hat mich angerempelt und dann bin ich gegen Lea gestoßen, und die war sauer

M: Ihr wart also auf dem Schulhof, und dann kam Susi und hat dich angerempelt, und du hast dann Lea angerempelt, und die war sauer.

B: Ja und sie hat mich dann auch noch geschlagen, und ich bin hingefallen.

M: Wer hat dich geschlagen?

B: Na die Susi.

M: Die Susi hat dich also geschlagen, und du bist hingefallen.

C: Das stimmt, aber nur weil sie mich geschubst hat, als ich aus Versehen gegen sie gestoßen bin.

M: Du bist also aus Versehen gegen sie gestoßen, und da hat sie dich geschubst. Danach hast du sie dann geboxt, und sie ist hingefallen.

C: Ja

M: Als ihr eben auf dem Schulhof Streit hattet, wie ist es euch denn da gegangen?

C: Ich war zornig, weil die Beiden gleich Stress gemacht haben.

M: Du warst also zornig, weil du keinen Stress wolltest. Wie ist es euch denn gegangen?

A: Komisch.

M: Wie, komisch?

A: Na, es war komisch, dass sie einfach kommt und mich schubst.

M: Und Lea, wie hast du dich gefühlt?

B: Ich war wütend, weil sie mich ohne Grund geschlagen hat.

M: Du warst also wütend, weil sie dich ohne Grund geschlagen hat.

Es ist euch aber allen drei bei dem Streit nicht gut gegangen.

A,B,C,: Ja

M: Hat einer von euch vielleicht Ärger in der Schule oder zu Hause gehabt, oder gibt es sonst etwas, worüber ihr nicht reden wollt?

A,B,C,: Nein, eigentlich nicht.

M: Habt ihr denn öfter Streit miteinander?

C: Seit einiger Zeit haben wir immer wieder Streit.

M: Ihr habt also seit einiger Zeit öfter Streit. Wie war das denn vorher. Hattet ihr vorher gar keinen Kontakt, oder habt ihr euch da noch verstanden?

C: Früher haben wir oft zusammen gespielt, aber dann gab es laufend Streit.

M: Vorher habt ihr also oft miteinander gespielt. Könnt ihr euch noch erinnern wie der Streit angefangen hat?

A: Ja, ich habe oft mit Susi gespielt, aber wie die Streitereien angefangen haben, weiß ich nicht mehr.

M: Aber warum spielt ihr denn jetzt nicht mehr zusammen?

C: Vorher habe ich oft mit Julia gespielt, aber seit Lea in unserer Klasse ist, spielt Julia fast nur noch mit ihr.

M: Seit also Lea in eurer Klasse ist, spielt Julia fast nur noch mit ihr.

B: Das stimmt überhaupt nicht. Immer wenn ich mit Julia etwas am Spielen bin, sagt sie, komm wir fragen Susi, ob sie mitspielen will. Das ist manchmal ganz schön doof.

M: Du glaubst also, dass Julia versucht, Susi auch mitspielen zu lassen?

B: ja.

M: Wir haben nun geklärt, wie der Streit war, und wie er angefangen hat. Habt ihr eine Idee, wie ihr das in Zukunft regeln könnt, ohne zu streiten? Ich gehe an die Tafel und schreibe alle Vorschläge auf. Jeder von euch soll sagen, was er tun will, um in Zukunft Streit zu vermeiden.

Vorschläge:

A: Susi soll in Zukunft sagen, wenn sie mit uns spielen will.

M: Julia, du sollst sagen, was du tun willst.

A: Wir könnten doch immer zu dritt spielen.

C: Wenn ich mitspielen will, frage ich einfach.

B: Ich bin nicht beleidigt, wenn Julia Susi fragt, ob sie mitspielen will.

M: Wenn niemand mehr einen Vorschlag hat, lassen wir es dabei. Hier habe ich einen Vertrag. Darin können wir nun festhalten, was passiert ist, und worauf ihr euch geeinigt habt. Nach ein paar Wochen treffen wir uns dann noch mal, um zu sehen, ob ihr mit den Lösungen alle zurecht gekommen seit.

Die Mediatorin füllt den Vertrag aus.

M: O.K. Wann wollt ihr wieder herkommen um zu schauen, ob diese Lösung auch für alle in Ordnung war?

C: In 2 Wochen.

M: Gut, dann treffen wir uns in 2 Wochen wieder. Jetzt unterschreiben wir alle hier.

Ihr habt euren Streit beigelegt und könnt euch jetzt die Hand geben.

Bis in 2 Wochen, hier noch eine Karte mit dem Datum für das Nachtreffen, damit ihr es nicht vergesst.

 

14 Tage später

 

M: Schön, dass ihr alle drei wieder da seit. Zuerst lese ich euch den Vertrag noch einmal vor, damit ihr alles wieder im Kopf habt.

Die Mediatorin ließt den Vertrag langsam und deutlich vor.

M: Julia dein Vorschlag war, dass ihr alle zusammen spielt. Habt ihr das eingehalten?

A,B,C,: Ja

M: Lea dein Vorschlag war, nicht mehr beleidigt zu sein, wenn Julia Susi fragt, ob sie mitspielen will. Hast du das eingehalten?

B: Ja

M: Susi dein Vorschlag war zu fragen, ob du mitspielen darfst. Hast du das eingehalten?

C: Ja

M: Wollt ihr an dem was ihr ausgemacht habt noch etwas ändern, oder ist es so in Ordnung?

A,B,C,: Nein

Dann ist euer Streit beendet, und ihr könnt das jetzt mit eurer Unterschrift noch bestätigen.

Eines der Mädchen fragt, was mit dem Vertrag passiert. Die Mediatorin erklärt, dass es einen Ordner gibt, in den die Verträge kommen, und der Ordner kommt in einen abschließbaren Schrank.

Danach verabschiedet die Mediatorin sich von alle